10 Sep

Physikstudium, und dann?

Wenn man mit dem Gedanken spielt, Physik zu studieren, steckt dahinter oft der Wunsch, anschließend Physiker zu werden. Aber was genau hinter diesem ominösen „Physiker“ steckt, bleibt oft unklar, auch wenn man bei (Studien-) Beratungen nachfragt. Fragen wie „Was kann man als Physiker später eigentlich machen?“ oder auf „Wo kann ich anschließend arbeiten?“ werden auch noch während des Studiums von Professoren, Doktoranden und Studenten aus höheren Semestern leichthin mit „Alles.“ beziehungsweise „Überall.“ beantwortet.
Wie unbefriedigend diese Antworten für viele sind, wurde mir in meinem dritten Mastersemester, während meiner Masterarbeit bewusst, als ein Auszubildender der Arbeitsgruppe mir genau diese Fragen stellte, da er überlegte, nach seiner Ausbildung ein Physikstudium zu beginnen.
Dass diese Fragen zu Beginn, sprich während des Bachelorstudiums, nur im Hintergrund präsent sind, kann man dadurch gut verstehen, dass man in der Physik mit „nur“ einem Bachelor wenig anfangen kann, da meistens mindestens ein Master erwartet wird (zumindest wird einem dies vermittelt). Aber was fängt man nun mit einem Masterabschluss in Physik an? Hier stellen sich zwei wesentliche Fragen, die aber eng miteinander verknüpft sind: Promotion, ja oder nein? Wissenschaft oder Wirtschaft?


Doch was verbirgt sich hier hinter den Begriffen Promotion, Wissenschaft und Wirtschaft und warum hängen sie zusammen?
Promovieren wird oft auch als „seinen Doktor machen“ bezeichnet und, wie es diese Formulierung schon vermuten lässt, ist der Vorgang zur Erlangung eines Doktortitels. In der Physik heißt dies, dass man in der Regel drei bis fünf Jahre in einer Arbeitsgruppe an einer Universität forscht. Daneben gibt es auch die Möglichkeit, in Unternehmen und Forschungseinrichtungen (Max-Planck-Institut, Forschungszentrum Jülich…) zu promovieren, wobei man immer einen Doktorvater an einer Universität hat.
Als Arbeit in der Wissenschaft wird bei einem Physiker das Forschen an einer Universität oder einem Forschungsinstitut als wissenschaftlicher Mitarbeiter, „Postdoc“ oder (Junior-)Professor bezeichnet.
Die Arbeit in Unternehmen hingegen wird als arbeiten in der Wirtschaft bezeichnet, wobei es egal ist, ob man in der Forschungsabteilung oder anderswo arbeitet und ob das Unternehmen überhaupt etwas mit Physik zu tun hat.


Hiermit wäre die Frage geklärt, was unter den drei Begriffen verstanden wird, bleibt noch die Frage, nach dem Zusammenhang.
Eine Promotion bedeutet, dass man für die Dauer von dieser weiter in der Wissenschaft tätig ist. Zwar kann man auch ohne Promotion in der Wissenschaft arbeiten, allerdings findet man dies so gut wie gar nicht und die Vorgaben zur Erlangung eines Doktortitels verlangen wissenschaftliche Veröffentlichungen, sodass ein wissenschaftsnahes Arbeiten auch hier unumgänglich ist. Zieht es einen in die Wirtschaft, so sollte man auch über eine Promotion nachdenken. Zwar ist dies für viele Stellen nicht not-wendig, andererseits ist sie vor allem im Bereich der Forschung und Entwicklung gerne gesehen und Unternehmen erkennen die Promotionszeit durchaus auch als Berufserfahrung an. Hier hilft ein Blick auf die interessanten Stellen und deren Anforderungsprofil.


Aber was macht nun ein „Physiker“?


In der Wissenschaft, auch während der Promotion wird fokussiert auf die Grundlagen oder Anwendungen geforscht. Der theoretische Physiker verbringt hierbei seine Zeit fast ausschließlich vor dem Bildschirm, dabei es gilt Modelle zu entwickeln und konkrete Vorhersagen mittels Simulationen zu treffen. Eine Berechnung kann hierbei durchaus Tage bis Wochen dauern, selbst auf einem modernen Supercomputer. Daneben fallen noch Besprechungen mit der Arbeitsgruppe und den Kooperationspartnern, Literaturrecherche, das Schreiben von Veröffentlichungen und das Erstellen von Konferenzbeiträgen an, sofern hierfür Ergebnisse vorliegen. wird zusätzlich in der Regel ein Beitrag für
die Lehre verlangt, sprich das Halten von Vorlesungen und Übungen, sowie das Betreuen von Praktika und Bachelor- oder Masterarbeiten. Das Schreiben der Dissertation (Doktorarbeit) kommt hinzu, sobald genügend Ergebnisse vorliegen, wobei dann oft die Arbeitszeit in der Forschung stark verringert wird.
Diese Aufgaben kennt auch der Experimentalphysiker, wobei die meisten nicht so viel Zeit vor dem
Bildschirm verbringen. Sitzt er doch vor dem Computer, so geht es um die Planung von Experimenten
inklusive (kleinerer) Berechnungen für die Komponenten und zu möglichen Ergebnissen, die Bestellung
der Komponenten, das Programmieren von Geräten und das Auswerten der gewonnenen Daten. Ansonsten
hält er sich viel im Labor auf, welches sich je nach Forschungsgebiet stark unterscheidet, von riesigen Hallen mit Teilchenbeschleunigern über Reinräume und stockfinstere Labore bis hin zur Polarstation oder der trockensten Wüste der Erde. Hierbei ist der Griff zum Schraubenzieher, zum Lötkolben und wenn einmal gar nichts mehr hilft, auch zum Hammer Alltag.
Es gibt aber auch Experimentalphysiker, die wie ihre theoretisch arbeitenden Kollegen kaum was anderes
als einen Bildschirm sehen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn zur Forschung Daten aus
großen Experimenten verwendet werden, bei denen die Anwesenheit vor Ort keinen Sinn hat oder
nicht möglich ist, man denke an Teilchenbeschleuniger wie den LHC oder XFEL, Teleskope oder
Satelliten.
Nach der Promotion kommt zu diesen Aufgaben noch das Einwerben von Forschungsgelder dazu, was
oftmals mit dem Schreiben von Anträgen und Berichten einher geht. Teilweise bekommt man auch
innerhalb der Arbeitsgruppe die Verantwortung für einen Teilbereich bzw. ein Forschungsprojekt,
was Personalverantwortung bedeutet.
Mittels einer Habilitation kann später eine Professur angestrebt werden. Mehr und mehr gibt es auch
in Deutschland Juniorprofessuren, welche ohne eine Habilitation auskommen, sodass bereits recht
früh eine kleine, mehr oder weniger selbstständige, Arbeitsgruppe geleitet werden kann. In diesem
Fall, egal ob Junior- oder Vollprofessur, bleibt weniger Zeit zum selbst Forschen, stattdessen ist Verwaltung
der Gruppe (Geld, Personal, Öffentlichkeitsarbeit, etc.) und die Unterstützung der Doktoranden/
Postdocs bei ihrer Forschung angesagt.


In der Wirtschaft ist die Antwort auf die Frage nach dem „Was kann ich machen?“ wirklich „Alles“.
Während theoretische Physiker oft bei Banken, Versicherungen, o.Ä. Modelle entwickeln und in IT-Unternehmen
ihre Programmiererfahrung nutzen, findet der Experimentalphysiker eher in der Forschungs-
und Entwicklungsabteilung, in der Qualitätskontrolle und Sicherung oder im Vertrieb eine
Anstellung, wobei dies nur eine grobe Zuordnung ist. Je nach Stelle treten Physiker dabei in Konkurrenz
zu Mathematikern, Informatikern, Ingenieuren, Wirtschafswissenschaftlern, uvm. Dabei profitiert er
davon, dass ihm aufgrund seines Studiums unterstellt wird, dass er ein „Allrounder“ ist, sich schnell in
neue Themen einarbeiten kann und sehr gute Problemlösungsfähigkeiten besitzt, da er diese systematisch
angeht. Dies hat zur Folge, dass Physiker, vor allem mit einer Promotion, recht schnell Personalverantwortung
bekommen (können), was allerdings auch bedeutet, dass weniger und weniger das eigentliche
physikalische Wissen aus dem Studium gefragt ist.
So vielfältig wie die Unternehmen in Deutschland sind, so vielfältig sind auch die Berufe, die mit einem
Studienabschluss in der Physik möglich sind, und die Einschränkung auf Deutschland gibt es aufgrund
der soliden Englischkenntnisse für einen Physiker nicht. Diese Feststellung ist für viele ein wenig unbefriedigend
(von diesem Beitrag wurde vermutlich etwas Handfesteres erwartet), aber sie ist meiner Erfahrung nach auch zutreffend. Vom Quantenphysikstartup über mittelständische Unternehmen und internationale Großkonzerne hin zu Verlagen, Museen und Ministerien, überall findet man Physiker und auch in der Politik sind sie gut vertreten. Abseits der typischen Tätigkeiten für Physiker erkennt man oft gar nicht mehr, dass jemand ein Physikstudium hinter sich hat. Aber ist das nicht gerade einer der Vorteile eines Physikstudiums? Die Tatsache, dass man sich nicht auf ein Berufsbild festlegen muss und sogar noch nach etlichen Jahren im Beruf frei und qualifiziert ist, den Beruf zu ergreifen, der einem
gerade am meisten Erfüllung bietet?
Zum Schluss noch ein paar erfreuliche und beruhigende Zahlen:
Laut den Zahlen der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und der Bundesagentur für Arbeit beträgt die Arbeitslosenquote für Physiker (gemäß der Definition der der Bundesagentur für Arbeit) nur 2,9% (Stand Mai 2018), was einer Vollbeschäftigung entspricht. Hinzu kommt, dass die Anzahl der offenen Stellen wächst, die der arbeitssuchenden Physiker hingegen sinkt.

13 Jun

Studiengang: Physik an der RWTH Aachen (B.Sc. und M.Sc.)

Allgemeines

„Und was studierst du? – Physik.“ Verblüffte Stille und dann: „Das ist ja ganz schön schwer.“

Das ist die typische Reaktion, mit der ich inzwischen seit 4 Jahren als Physikstudentin lebe. Ja ich will ganz sicher nicht behaupten, dass ein Physikstudium leicht ist, aber es ist auch nicht so unmöglich, wie viele Leute es ausmachen. Essentiell für ein Physikstudium ist neben einer gewissen Affinität für sowohl Physik als auch Mathematik, Spaß am Thema und ein großes Durchhaltevermögen. Das gilt zumindest für das Studium an der RWTH. Besonders der Bachelor ist sehr eng durchgetaktet und bietet mit verpflichtenden Übungsaufgaben, sowie insgesamt drei Laborpraktika, nur wenig Zeit zum Entspannen. Das ist zumindest so, wenn man sein Ziel auf ein Studium in Regelstudienzeit setzt. Aus diesem Grund ist es aber auch gar keine Schande an der RWTH, wenn man ein oder zwei Semester dranhängt, tatsächlich ist das sogar in ganz Deutschland der Durchschnitt. Mir haben meine Tutoren zu Beginn des ersten Semesters gesagt, wer von den vier Klausuren, die im ersten Semester geschrieben werden, zwei besteht, ist vollkommen im Rahmen, wer drei besteht, ist gut und wer alle besteht, ist sogar sehr gut. Ich finde allein diese Aussage beschreibt hervorragend, wo man im Studium ansetzt und dass es vollkommen in Ordnung ist, wenn nicht alles direkt läuft.

Studienaufbau

Apropos Ansetzen, ich empfehle jedem, der an der RWTH mit Physik anfangen möchte, vorher sowohl den Mathe als auch den Physik Vorkurs zu besuchen. Denn leider muss ich sagen, dass das Abitur, wie es momentan besteht, in Mathematik selbst im Leistungskurs nicht mehr ausreichend auf ein mathematisches oder naturwissenschaftliches Studium vorbereitet. Wer die Vorkurse besucht, kann das Semester etwas entspannter angehen lassen, anstatt mit Informationen erschlagen zu werden.

Während des Bachelors werden an der RWTH in 6 Semestern sowohl Experimentalphysik als auch Theoretische Physik gelehrt und zusätzlich sind die Studenten zu vier Mathematik Veranstaltungen verpflichtet, die die mathematischen Grundlagen für die Physik legen. In Experimentalphysik werden Mechanik,  Relativität, Wärmelehre, Elektrodynamik, Optik, Quantenphysik, Atom- und Kernphysik, sowie die Grundlagen der Teilchen-, Astro- und Festkörperphysik vermittelt. Im Laufe von drei Laborpraktika werden zu diesen Themen verschiedene Versuche durchgeführt, wobei sowohl experimentelles Arbeiten als auch das Auswerten von Daten und Verfassen von Protokollen geübt wird. In den Veranstaltungen der Theoretischen Physik wird auf klassische Mechanik, Elektrodynamik, Quantenmechanik und Statistische Physik eingegangen. Außerdem wird für zwei Semester ein Nebenfach gewählt, bei dem zwischen Chemie, Informatik, Elektronik, Medizin und Linearer Algebra entschieden werden kann. Am Ende des Ganzen steht dann die Bachelorarbeit, die in einem der vielen Institute oder auch in der Industrie geschrieben werden kann.

Die zweite Frage, die man mir zum Studium stellt, ist meistens: „Da gibt‘s doch nur Männer, oder?“ Ganz unrecht haben sie damit nicht. Ja, Physik ist nach wie vor eine Männerdomäne, aber es gibt einen konstanten Anteil an Frauen, die sich jedes Jahr aufs Neue trauen ins Haifischbecken zu springen. Einmal drinnen, stellen die meisten schnell fest, dass es sich im Haifischbecken ganz gut schwimmen lässt.

Fertig – Und jetzt?

Eine letzte Frage wird euch ebenfalls durch dieses Studium folgen: „Was macht man denn mit einem Physikstudium?“ Das ist eine Frage, die ich mir selbst sowohl vor als auch während des Bachelorstudiums gestellt habe und eine die ich mir jetzt im Masterstudium noch stelle. Die Antwort ist nämlich etwas kompliziert. Generell kann man Physiker in ganz unterschiedlichen Positionen einsetzen, denn das, was wir im Studium lernen, ist Probleme zu lösen, was Professoren auch immer wieder gerne betonen. Das heißt ihr könnt sowohl in einer Versicherung im Risikomanagement Risiken statistisch berechnen, als auch in einem Labor stehen und die Welt neu entdecken. Auch Banken, IT-Firmen und Industrie nehmen Physiker mit Handkuss, das gibt uns die Qual der Wahl und wenn ihr mich fragt, ist es keine Schande am Anfang des Studiums noch keine Ahnung zu haben in welchen Job es letztendlich gehen soll. Allerdings müsst ihr im Hinterkopf haben, dass es mit einem Physikbachelor meist nicht getan ist. Die meisten Arbeitgeber möchten mindestens einen Master sehen, viele sogar einen Doktor. Also plant eher mit fünf Jahren als MIT drei.

Für mich hat sich die Richtung in die ich gehen möchte erst mit meiner Bachelorarbeit in der Medizinphysik festgelegt und selbst in diesem Bereich gibt es noch ein unglaublich breites Angebot, weswegen ich noch immer nach „dem Job“ für mich suche.

Ich bin unheimlich gerne Physikerin und möchte das, was dieses Studium mir gebracht hat, nicht mehr missen. Daher hoffe ich, dass ich vielleicht den ein oder anderen dazu inspirieren kann ein Physikstudium zu beginnen.

Über den Autor:

Katrin Herweg (23)
Studiengang: M.Sc. Physik
Uni/Hochschule: RWTH Aachen
Regionalgruppe: Köln

16 Mai

Studiengang: Biologie an der Uni Hamburg

Biologie – die Wissenschaft für Leute, die kein Mathe können?

Die Wissenschaft ist ein spannendes und großes Feld. In der Schule haben wir meistens nur Biologie, Chemie, Physik und Mathe. Wenn ihr später in diesen Bereich wollt, sollte euch erstmal klar sein, dass ihr euch nie nur mit einem der Fächer beschäftigen werdet. Wer Biologie verstehen will, braucht viel Chemie und ja auch zumindest ein Grundverständnis von Physik und Mathe (da vor allem Statistik). Was mir vor meinem Studium noch nicht bewusst war ist, wie viele spezialisierte Ausbildungen es gibt. Wenn Ihr euch allgemein für den Bereich interessiert, guckt auch gerne mal bei „Molecular Life Science“ und „Materialwissenschaften“ rein. Einige meiner Kommilitonen haben, bevor sie ins Studium gegangen sind, eine Ausbildung zur Technischen Assistenz (TA) gemacht. Ich glaube, dass es ein großer Vorteil ist eine Ausbildung im Vorfeld in Betracht zu ziehen. Die ausgebildeten TAs hatten es im Studium leichter, wussten welche Bereiche für Sie passen und konnten oft das Studium verkürzen. Nebenbei konnten sie weiterhin in Betrieben arbeiten und Berufserfahrung sammeln.

Euch sollte bewusst sein, dass es zwar möglich ist, nur einen Bachelor Abschluss zu machen, aber die Jobs rar sind. Die Erfahrung zeigt, dass die Leute mit einer abgeschossenen Ausbildung, den Bacheloranten oft vorgezogen werden. Sie haben schließlich mehr Erfahrung im Labor. Ihr werdet also wahrscheinlich auf einen Master hinarbeiten – das bedeutet 5 Jahre Ausbildung, es lohnt sich also genauer zu recherchieren, was auf euch zukommt.

Nun aber mal zu dem, was euch interessiert – wie ist das Studium denn jetzt so?

Die ersten zwei Semester sind für die Basics da. Chemie, Physik, Mathe und da müsst ihr durch. Manchmal hört man, dass die Unis damit „sieben“ wollen, aber ganz so schlimm ist es nicht. Ich würde behaupten, dass jeder die Prüfungen bestehen kann, man muss halt nur lernen. Das Gefühl, dass ein Professor wollte, dass die Studenten nicht bestehen, ist bei mir nie aufgekommen. Der Campus an der Uni Hamburg ist für die Biologen leider etwas fragmentiert und gerade in den ersten Semestern werdet ihr etwas pendeln müssen. Das Hauptzentrum ist in Klein Flottbek und hier seid ihr etwas ab von dem Rest der Hamburger Studenten, was Vor- und Nachteile hat. Biologie ist ein weites Feld und ihr werdet euch mit Tieren, Pflanzen, Pilzen und Bakterien beschäftigen müssen. Das bedeutet auch dafür offen zu sein, Tiere aufzuschneiden, um ein Verständnis von den Organen zu bekommen, durch Wälder zu gehen und Pflanzen zu bestimmen, bis hin zum Formeln lernen, um biochemische Stoffwechselwege zu verstehen. Egal, ob ihr am Ende Strukturanalysen von Proteinen in einem Labor macht oder Gutachten für den Naturschutz schreibt – alle müssten mal lernen, was der Unterschied zwischen einem Tag- und einem Nachtfalter ist. Wenn ihr die ersten vier Semester hinter euch habt, könnt ihr anfangen euch zu überlegen, in welchen Bereich ihr wollt und sucht euch eine Arbeitsgruppe für die Bachelorarbeit. Hier liegt es oft an euch, wie schnell ihr fertig werdet. Andere Unis scheinen sehr genaue Vorgaben und strenge Fristen zu haben, aber an der Uni Hamburg muss man selber die Disziplin haben, wenn man das schnell durchziehen will.

Ihr habt euren Abschluss in der Tasche, was jetzt?

Da ich selber noch am „Mastern“ bin, kann ich es euch auch nicht genau sagen. Eine Sache, die euch bewusst sein sollte ist, dass die meisten Jobs auf dem Markt für die technischen Berufe sind. Das sind dann Jobs in der Mikrobiologie und alles was mit Proteinen/ Enzymen zu tun hat. Es gibt natürlich immer Jobs für Ökologen, Pflanzenphysiologen etc., aber je kleiner der Markt, desto mehr müsst ihr euch von der Masse abheben. Taxifahrer müsst ihr trotzdem nicht werden, aber seid immer bereit etwas Neues zu lernen.

Mir hat das Studium bis jetzt sehr viel Spaß gemacht, natürlich gibt’s immer eine Prüfung, die einem schwer fällt oder einen Kurs, durch den man sich etwas pushen muss, aber das Feld gefällt mir super und ich würde es definitiv weiterempfehlen. Meine Dozenten waren immer hilfsbereit und die meisten haben sich auch die Zeit genommen, wenn man mal Fragen hatte, die über die Vorlesung hinaus gingen.

Ein letzter Hinweis, den ich gerne allen mit auf den Weg geben möchte: Behandelt das Studium wie einen normalen Job mit 8 Stunden. Ihr werdet mal lange Tage haben, wo ihr den ganzen Tag in der Uni seid. Aber nutzt die kurzen Tage, an denen ihr nur ein paar Vorlesungen habt und bereitet euch schon am Anfang des Semesters auf die Prüfungen vor. Ihr erspart euch so viel Stress, wenn ihr kontinuierlich an der Stange bleibt.

 

Über den Autor:

Lars Brandes (27)
Studiengang: Biologie
Uni/Hochschule: Universität Hamburg
Regionalgruppe: –

21 Mrz

Studiengang: Physik

Das Physikstudium an der Universität Paderborn

Physik ist ein althergebrachtes Studium, welches sich bereits im Bachelor vielen Phänomenen widmet, ohne die unsere heutige Welt, so wie wir sie kennen nicht funktionieren würde.

Formales zum Studiengang

Die Eingangsvoraussetzung für ein Physikstudium ist in der Regel die allgemeine Hochschulreife. Durch Ablegen besonderer Prüfungen vor Studienbeginn ermöglichen es einzelne Universitäten bereits vor dem Abitur Physik zu studieren.

Im Zuge der Bolonga-Reform wurde das Physikstudium in Deutschland vom Diplomstudium auf ein Bachelor-Master-Studium umgestellt. Dabei beträgt die Regelstudienzeit für den Bachelor 6 und für den Master 4 Semester, wobei die durchschnittliche Studiendauer im Bereich von 8 Semestern für den Bachelor liegt.

Der Bachelor-Studiengang ist primär darauf ausgerichtet, Grundkenntnisse in allen Bereichen der Physik zu vermitteln. Dies bedeutet, dass alle großen Teilgebiete der Physik sowohl experimentalphysikalisch als auch theoretisch behandelt werden. Darüber hinaus gibt es in den ersten Semestern Mathematikveranstaltungen, die sich inhaltlich wenig vom Mathematikstudium unterscheiden. Zusätzlich gibt es zu den Experimentalphysikveranstaltungen Praktika, bei denen man zusammen mit einem Praktikumspartner im Labor unter Aufsicht Versuche durchführt. Diesen Versuchen geht eine mündliche Abfrage der Grundlagen des jeweiligen Versuches und der Durchführung voraus. Im Anschluss wird ein Bericht geschrieben, dessen Umfang durchaus 10 bis 30 Seiten betragen kann. Hierfür wird empfohlen, sich in das Textsatzprogramm LateX einzuarbeiten, welches in den Naturwissenschaften sehr weit verbreitet ist und gerade beim Schreiben von Texten mit vielen Formeln, griechischen Buchstaben, Bildern, etc. Programmen wie Word überlegen ist. Zu Beginn des ersten Praktikums gibt es eine ausführliche Einführung in das Programm sowie beispielhafte Berichtvorlagen. Spätestens für die Bachelorarbeit wird dieses Programm vorausgesetzt.

Wahlmöglichkeiten sucht man in den ersten Semestern vergebens, ab dem 5. Semester kann man erstmals unter starken Beschränkungen wählen. Durch diese Wahlen legt man sich hinsichtlich späterer Möglichkeiten im Master oder Beruf nicht fest, da im Bachelor lediglich die gelegt werden. Im Master hingegen gibt es fast keine verpflichtenden Veranstaltungen, sodass eine Spezialisierung in einen der verschiedenen universitätsspezifischen Forschungsschwerpunkte möglich ist. Allerdings ist eine Spezialisierung ohnehin für eine Masterarbeit angebracht.

Da im Bachelor zunächst die Grundlagen gelegt werden, gibt es zu den Vorlesungen reichlich Literatur. Die momentanen Standartwerke sind alle relativ neu, sodass es diese bei den meisten Universitätsbibliotheken als pdf-Datei kostenlos zum Download gibt. Daher müssen in den ersten Semestern keinerlei Bücher gekauft werden. Auch in den höheren Semestern gibt es zu den Vorlesungen viele gute, neue Bücher, sodass man kein Buch anschaffen muss (aber durchaus kann). Auch die Programme für LateX sind kostenlos im Internet verfügbar. Als Kosten fallen jedes Semester die Semestergebühren an, welche je nach Universität mit einem verpflichtenden Semesterticket 200 bis 300 € betragen; an Universitäten ohne Semesterticket 100 bis 200€. Sofern man diese regelmäßig nutzt, spart man unterm Strich meist einiges an Fahrkosten.

Die Physik als Studiengang gibt es an einem Großteil der Universitäten in Deutschland. Dabei unterscheiden sich die Studiengänge im Aufbau, wenn auch weniger im Inhalt. Zu beachten ist, dass je nach Forschungsschwerpunkten der jeweiligen Universität eine Spezialisierung im Master nur eben auf diese möglich ist, wobei diese Spezialisierung nichts Endgültiges oder Verbindliches für die spätere Berufslaufbahn hat. Auch der Wechsel nach dem Bachelor zu einer Universität, deren Schwerpunkte mit den eigenen Interessen gut übereinstimmen, ist problemlos möglich.

 

Im Studium

Im Studienalltag gibt es fast ausschließlich Vorlesungen, zu welchen keine Anwesenheitspflicht besteht. Allerdings gibt es nicht zu jeder Vorlesung ein digitales Skript, sodass auf diesem Wege ein Besuch der Vorlesung fast zwingend wird, was nur zu gut (oder auch schlecht) an die Schule erinnert. Begleitet werden die Vorlesungen von Übungen, für welche im Vorfeld Übungsaufgaben gemacht werden sollen. Je nach Dozent werden die Übungszettel vorher eingesammelt, korrigiert und bepunktet und in der Übung die Lösungen besprochen, oder die Aufgaben werden in der Übung lediglich besprochen. Meist ist eine aktive Übungsteilnahme in einer vorgegebenen Form Voraussetzung für das Bestehen der Klausur, sodass es indirekt verpflichtend sein kann, zumindest zwei bis der Mal im Semester zur Übung zu erscheinen; bei einer Bepunktung der Übungszettel können die Übungszettel als Teil der Prüfungsleistung mit in die Note der Veranstaltung eingehen. Teilweise werden zu bestimmten Veranstaltungen noch Tutorien angeboten, an denen man freiwillig teilnehmen kann und in denen die Vorlesungsinhalte noch einmal aufgearbeitet werden.

Daneben gibt es die schon erwähnten Praktika, welche aus sechs bis zehn Versuchen pro Semester bestehen. In den ersten Semestern dauern die Versuche an sich nur ein, zwei Stunden und auch die Vorbereitung beansprucht wenig Zeit. Für das Schreiben der Berichte alleine oder mit seinem Praktikumspartner müssen aber durchaus zehn und mehr Stunden veranschlagt werden, in den Fortgeschrittenenpraktika auch 20, neben einer mehrstündigen Vorbereitung und einem ganzen Tag im Labor. Gerade für diejenigen, die es später in den experimentalphysikalischen Bereich zieht, sind diese Praktika trotz ihres Zeitaufwandes äußerst wichtig.

Neben den Praktikumsberichten, welche man nach einer Erstkorrektur zurückerhält und für die Endabgabe, welche benotet wird, noch einmal überarbeiten kann, gibt es in sämtlichen Veranstaltungen Klausuren, was pro Semester in der Regel drei Stück sind. In den höheren Semestern kann es vorkommen, dass statt einer Klausur eine mündliche Prüfung zur Ermittlung der Veranstaltungsnote herangezogen wird.

Dadurch, dass das Physikstudium ein Bachelor-Master-Studiengang ist, kann man das Studium als verschult bezeichnen. Man geht zu den Vorlesungen, macht die Übungszettel und schreibt die Klausuren. Nacharbeiten oder selbst erarbeiten in der Bibliothek, ist nur dann erforderlich, wenn man nicht zu den Vorlesungen geht, ein Dozent nicht so gut ist oder man Probleme bei einem bestimmten Thema hat.

 

Zukünftiges

In der Physik wird nach dem Bachelorstudium ein Masterstudium praktisch erwartet. Nach dem Master steht man vor der Entscheidung, ob man in die Wirtschaft geht oder weiter an der Universität bleibt. Bei Letzterem ist es nahezu unumgänglich zu promovieren (Dauer etwa drei bis fünf Jahre), während es bei Ersterem nicht für jeden angestrebten Posten erforderlich oder erwartet wird. Jedoch gilt auch hier, dass eine Promotion im passenden Bereich die Tür zu höheren Positionen öffnet.

Viele Physiker finden nach ihrem Physikstudium eine Arbeit in einem anderen Bereich als den der Forschung. Theoretische Physiker werden gerne von Banken und Versicherungen eingestellt, während Experimentalphysiker in nahezu sämtlichen Bereichen der Industrie gerne gesehen sind. Dass ein Physiker später nicht mehr direkt mit Physik arbeitet, ist dabei nichts Ungewöhnliches. Beispiele hierfür sind unserer momentane Bundeskanzlerin Frau Doktor Angela Merkel und der deutsche Chemienobelpreisträger 2014 Herr Professor Doktor Stefan Hell.

Glaubt man den Presseberichten, so haben Absolventen eines Physikstudiums mit die geringste Arbeitslosenquote in Deutschland und finden somit am schnellsten einen neuen Arbeitsplatz

Unabdingbar sind dabei sehr gute Englischkenntnisse, denn bereits gegen Ende des Bachelorstudiums ist die Literatur vermehrt nur noch in Englisch erhältlich, von Papern (Veröffentlichungen) ganz absehen, welche nur auf Englisch geschrieben sind. Daher bieten viele Universitäten in Deutschland den Physik Masterstudiengang auch auf Englisch an.

Praktika (bei Unternehmen) sind in der Physik während des Studiums eher ungewöhnlich. Stattdessen bietet es sich an im dritten oder vierten Semester als studentische Hilfskraft (SHK) in einer Arbeitsgruppe anzufangen. Neben dem Geld bekommt man auch so Kontakt zu Doktoranten und Post-Docs und bekommt Einblicke in den Forschungsalltag an der Universität. Auch ist es üblich, seine Bachelorarbeit in der Arbeitsgruppe zu schreiben, in der man SHK ist.

 

Persönliches Fazit

Ich würde Physik jederzeit wieder studieren und auch jederzeit wieder an der Universität Paderborn.

Ersteres liegt daran, das Physik mir viel Spaß macht und ich merke, dass es das ist, was ich gut kann und später beruflich machen will.

Letzteres liegt daran, dass die Physik in Paderborn einen sehr guten Ruf hat, welcher allerdings unter Schülern und Studenten weitestgehend unbekannt ist. Für mich ist diese Tatsache in der Hinsicht ein Vorteil, dass in Paderborn pro Wintersemester nur etwas 40 neue Studenten anfangen, deren Zahl sich recht schnell halbiert. Für die Verbleibenden gibt es eine exzellente Betreuung ohne feste Sprechstunden bei Dozenten, Schlangen vor dem Prüfungssekretariat oder übervolle Vorlesungen. Auch gibt es mehr SHK-Stellen als interessierte Studenten und die Dozenten werben um Studenten, die Bachelor- oder Mastarbeiten in ihren Arbeitsgruppen schreiben.

Ein weiterer Vorteil, den ich demnächst wahrnehmen werde, ist, dass von den recht wenigen Studenten der Physik noch weniger ein Auslandssemester planen. In der letzten Bewerbungsphase war ich der einzige Bewerber für einen Auslandsaufenthalt generell und speziell für Umeå, sodass die Hürden im Bezug auf die Bewerbung und das Auswahlgespräch nicht derart hoch waren, wie es in Studiengängen mit vielen Studenten und dementsprechend Bewerbern der Fall ist. Letztlich habe ich so die Möglichkeit, sogar für zwei Semester in Schweden zu studieren und werde in dieser Zeit über ein ERASMUS+-Stipendium gefördert.

Allerdings sollte ich auch erwähnen, dass Freizeit bei mir bis zu der Zeit nach dem Studium aufgeschoben ist. Wenn ich mich unter den Kommilitonen umsehe, die mit mir anfangen haben zu studieren und jetzt noch dabei sind ihren Bachelor in sechs Semestern zu beenden, dann bin ich damit kein Einzelfall, sondern die Regel (zumindest in Paderborn). Gerade beim Schreiben der Berichte in den Fortgeschrittenenpraktika neben den normalen Vorlesungen und Übungen, bleibt kaum mehr Zeit, sich etwas auszuruhen, von das Studentenleben genießen einmal ganz abgesehen. Es ist zumindest bei mir aber nicht so, dass ich unter dem Stress leide. Vielmehr lernt man, mit dem Stress umzugehen und der Spaß, den man mit den Kommilitonen, aber auch mit seinen Dozenten hat, lässt einen den Stress recht schnell wieder vergessen.

Eine geringe Zahl an Studenten begünstigt auch die Zusammenarbeit der Stundenten untereinander, da es keinen Konkurrenzdruck gibt, was mir persönlich sehr gut gefällt.

Über den Autor

Sebastian Brauner (27)
Studiengang: Physik
Uni/Hochschule: Universität Paderborn
Regionalgruppe: Stuttgart (Regionalleitung)

Sebastian Brauner ist 27 Jahre alt und hat Physik an der Universität Paderborn studiert. Im Jahr 2010 in den Studienkompass aufgenommen, begann er direkt nach seinem Abitur ein Physikstudium. Mittlerweile ist Sebastian im Aluminiverein des Studienkompass als Regionalleiter aktiv. Dabei gefällt ihm besonders, sich mit neuen Leuten über ihre Erfahrungen im Studium auszutauschen.